Reiseblog: Insider Reiseziele und Urlaubtipps

(Ost)Friesland ist nicht nur flach und weilig…

Wattenmeer bei Hooksiel, Foto © Hans-Martin Goede

Jeder kennt die Fehde zwischen Franken und Bayern. Wer meint, das sei einmalig, der war noch nicht in Friesland unterwegs. Da gibt es ähnliche „schlagende Argumente“ zwischen Friesen – und Ostfriesen. Wenigstens sind die Nordfriesen durch die Elbe weit genug weg…

Nordseestrand bei Hooksiel, Foto © Hans-Martin Goede

Kommt man als „Außerfriesischer“ zwischen Wilhelmshaven und Emden erst mal in seinem Domizil an, ist von den „Rivalitäten“ der (Ost)Friesen untereinander erstmal gar nichts zu sehen, hören oder spüren. Dafür ist die Zeit des 21. Jahrhunderts doch „federführend“ (wenngleich man angesichts globaler Entwicklungen ja eher „rückwärtsgewandtes Verhalten“ immer öfter fassungslos erleben muss). Die Strände zwischen Jadebusen und Dollart tauchen im frischen Nordseewind bei untergehender Sonne in ein geheimnisvolles Licht, Deich, Watt und Strände tauchen in ein unbeschreibliches Licht.

Nordseestrand bei Hooksiel, Foto © Hans-Martin Goede

Und so entdeckt man in den Tagen vor Ort in den friesischen „platten“ Weiten mit Windrädern, Mühlen, Feldern, Wiesen, Mooren, Entwässerungsgräben wie -kanälen holländisch anmutende Brückenkonstruktionen: Die 173 Kilometer lange „Fehnroute“ geht weite Strecken durch friesische Landschaften. „Fehn“ stammt nun nicht von den „Feen“, sondern aus dem niederländischen „Veen“. Zu Deutsch: Moor. Und die wurden im 17. Jahrhundert hier einst mit Kanälen wie Gräben entwässert. Geblieben sind aus dieser Zeit die Fehnsiedlungshäuser, Schleusen, Klappbrücken und Windmühlen. Mit dem Auto fährt man so gefühlt stundenlang an diesen Kanälen entlang, mit dem Fahrrad braucht es (bei strammen Gegenwind) auch schon mal Tage…

Die Fehnroute in Ostfriesland, Foto © Hans-Martin Goede

Am Dollart, in den die Ems mündet, liegt die ostfriesische Hafenstadt Emden – die Heimatstadt des einzig wahren „Außerfriesischen“, auch bekannt als „Otto“. Was den Mainzern ihre Mainzelmännchen, den Stuttgartern ihr „Äffle & Pferdle“ ist, ist den Ostfriesen ihre „Otto-Ampel“ – mit dem dahinter stehenden „Otto Huus“, direkt am Delft bzw. Hafen an der Fußgängerzone gelegen.

das Otto Huus - mit der Otto-Ampel in Emden, Foto © Hans-Martin Goede

Wahre Fans investieren zumindest 4 Euro Eintrittsgeld – und schwelgen in den Erinnerungen und Requisiten seiner Auftritte wie Kinofilme. Otto-Witze aller Orten – die einen mögens, die anderen hassen sie…

Fehlen darf am Ende natürlich nicht die Fahrt in den „Westen“ von Ostfriesland mit dem „Pilsumer Leuchtturm„, bekannt aus (Otto)Film & Fernsehen mit seinen gelben wie roten Streifen und schwarzen Dach. Es wird gepilgert, fotografiert, am Deich entspannt, ein Schloss angebracht (verstehe einer warum) – oder einfach ein langer Deichspaziergang oben drauf – oder seeseitig bzw. landseitig windgeschützt gemacht.

der Pilsumer Leuchtturm, Foto © Hans-Martin Goede

Nur wenige Kilometer weiter nordöstlich an der Küste in „Norden“ bzw. „Norddeich“ findet sich die „Seehundstation Norddeich„.  1971 wurde diese erste Seehundstation Deutschlands mit großem persönlichen Einsatz gebaut. Aus diesen Anfängen hat sich die Seehundstation Nationalpark-Haus in Norddeich entwickelt. Ein umfangreiches Ausstellungs- und Veranstaltungs-Angebot findet sich in den Gebäuden der Station – ausgerichtet vor allem auf Kinder und Jugendliche. Fütterungszeiten der Seehunde sind um 11 bzw. 15 Uhr – im Frühjahr sind aber für gewöhnlich wenige Seehunde in der Station, denn die „Heuler“ (Seehundwelpen) werden zwischen Ende Mai und Mitte Juli im Wattenmeer geboren – und erst dann finden sich auch die mutterlosen Tiere und landen letztlich hier zur weiteren Aufzucht.

Seehundstation in Nordeich, Foto © Hans-Martin Goede

Vorgelagert zur (ost)friesischen Küste sind die (ost)friesischen Inseln, beginnend mit Borkum, Memmert, Juist, Norderney, Baltrum, Langeoog und Spiekeroog. Friesisch kompliziert wird es dann mit Wangerooge, Minsener Oog und Mellum. Verwaltungstechnisch gehört Wangerooge und allen Inseln östlich davon zum Landkreis Friesland und nicht zu Ostfriesland. Doch zur Problematik „Ostfriesland“ bzw. „Friesland“ weiter unten mehr.

Hafen von Neuharlingersiel, Foto © Hans-Martin Goede

Erreicht werden die Inseln von diversen Fährhäfen aus – und sind mit die beliebtesten Urlaubsziele Deutschlands. So gesehen kann man die Inseln auch als „große Reihenhaussiedlung“ betrachten – so eng wie es in den Sommermonaten hier zugeht kommt auf den Fähren wie Inseldörfern schnell mal eine satte Enge auf. Gut dass die Inselstrände „lang und weilig“ sind!

Wer vor „Schietwetter“ sich etwas in Deckung bringen will, kann dies mit einem Ausflug nach Wilhelmshaven machen. Die Stadt ist seit dem Deutschen Reich Heimat der Marine – aus der Historie heraus findet sich am „Ems-Jade-Kanal“ entsprechen das „Deutsche Marinemuseum„. Auch als Pazifist sollte man sich durchaus damit auseinander setzen: die ausgestellten Kriegsschiffe wie das U-Boot sind Mahnmale – und zeigen letztlich, dass die deutschen Seestreitkräfte der Bundesrepublik eigentlich mehr defensiv als offensiv ausgerichtet waren. das angebundene Museum informiert ausführlichst über die Zeit des Deutschen Reich, der Marine der Nazis und den entsprechenden Niedergang.

Deutsches Marinemuseum WHV, Foto © Hans-Martin Goede

… da war doch was mit „Friesen“ und „Ostfriesen“? Genau, das Problem der „Franken mit den Bayern aus dem hohen Norden“. Das wie und warum und überhaupt – und warum Jever nicht nur Bier kann sondern auch ein Schloss hat und „Maria“ die Patronin dieser Stadt ist und ihr Grab bis heute als verschollen gilt (hier gibt es die neuesten Infos): Das ist alles in einer gut zwei Stunden dauernden Führung mit dem Nachtwächter von Jever zu erfahren. Unterhaltsamt und mit einem hochprozentigem Ende garniert erfährt man hier so Manches zur Stadt in „Friesland“. Während die „Innenstadt“ von Jever touristisch wenig zu bieten hat und man bestenfalls eine gute Stunde zu Erkundung braucht, ist die Führung in den Abendstunden an Unterhaltungswert kaum zu übertreffen und ist ein „Muss“. Selten so gelacht – über Friesen, Ostfriesen, Franken und Bayern! Achtung: Schlechtes Wetter gibt es bei der Führung nicht, nur die falsche Kleidung!

Schloss Jever, Foto Hans-Martin Goede

… und während die Altstadt wie Fußgängerzone von Jever schnell erkundet ist, kann man bei einem feucht-windigen Tag auch von innen feucht werden, wenn man eine Führung durch die Brauerei der Stadt macht. Wie das Land… so das Jever? Warum das so ist, erfährt man bei einer aufschlussreichen wie informativen mehrstündigen (!) Führung durch das Biermuseum und die Brauerei, vorbei an Braukesseln und Abfüllanlagen.

Jever Brauereimuseum Foto Hans-Martin Goede

Fazit: In nur einer Woche kann man in (Ost)Friesland dies – und viel mehr erleben. Gastronomisch geht mittags vor allem (fast überall) das obligatorische Fischbrötchen samt Bier, abends darfs dann aber auch eine wenig mehr sein, wie z.B. die „Brücke“ in Hooksiel, das „Frida“ in Jever oder die „Mühle“ in Wittmund. Guten Appetit!

© Text Hans-Martin Goede 08.06.2025, Fotos © 2025 – gerne erfragen Sie weiteres hochauflösendes Bildmaterial aus unserer umfangreichen Datenbank, wir lizenzieren Ihnen gerne gewünschte Motive.