ISARFJÖRDUR (© hmg) – Gleich vorneweg: Für uns war das Wetter in den Westfjords leider “suboptimal”, binnen 3 Tagen nur ca. 10 min Sonnenschein, ansonsten grau, nass, stürmisch. Somit bitten wir die meist “etwas” farblosen Bilder zu unserem Bericht zu entschuldigen 🙂
Der Einstieg in die Westfjords auf Island beginnt schon einem sagenhaften Namen: Bifröst. Wer von Reykjavik kommt, muss auf Höhe der Halbinsel Snæfellsness durch diesen Ort mit dem Namen aus der nordischen Mythologie.
Man wechselt hier allerdings nicht über die Regenbogenbrücke von Midgard nach Asgard, sondern von Islands Westen nimmt man die „Brücke“ über Budardalur vorbei an der Küste von Skardströnd – mit seinen hunderten kleinen, von Eiderenten bewohnten Inseln – und der Dammpassage über den Gilsfjördur. Der erste Eindruck am Ende dieser Verbindung zweier Welten bei Bjarkalundur ist ernüchternd: relativ flache Berge, Büsche, Flächen mit flachem Pflanzenbewuchs, Geröll, ein paar Seen. Dass diese abgelegene, spürbar einsamere Welt wie der Rest Islands vulkanischen Ursprungs ist, lässt nur der geübte Blick erkennen – die Zeiten, dass hier Feuer und Lava herrschten sind lange vorbei, geologisch ist diese Region mit Ausnahme letzter heißer Quellen „tot“.
Deshalb ist die Schönheit der Westfjords im Inneren zu suchen: sie sind ein Wanderparadies, dies vor allem auf der nördlichen Achse mit der Eiskappe des Drangajökull, der mit seinen 925 Metern über dem Meeresspiegel den höchsten Punkt der Westfjords bildet – und zugleich am Isafjardardjup omnipräsent zu sehen ist. Die nördlichen Westfjords sind allerdings nur per Schiff oder zu Fuß erreichbar, mit dem Auto ist am Isafjardardjup bei Unadsdalur Schluss, an der Nordwestseite am Ingolfsfjördur. Campingplätze sind Richtung Nordspitze an der Hornvik-Bucht und den Hornstrandir dennoch vorhanden, in der Regel jedoch an den Ufern der Fjords. Alte zerfallene Gebäude sind vor allem am Hornstrandir noch zu finden, sie sind Zeugen einer längst vergangenen Zeit, als in dieser Weglosigkeit hier abgehärtete Menschen wohnten. Heute beleben im Sommer die Wanderer wieder diesen Küstenstreifen, an dem man zumindest auf der Karte auf „Du und Du“ mit Grönland ist. Bei Wanderungen ist hier allerdings zu beachten, dass weite Flächen eine Sumpflandschaft mit vielen Seen bilden. Das verlassen der Wanderwege ist daher nicht ratsam, nicht nur aus Naturschutzgründen.
Isafjördur, die größte Stadt der Westfjords, erreicht man über die 61, die sich über die Hochebene Steingrimsfjardaheidi langsam an den Isafjardardjup hinab windet. Monoton schwenkt die Straße entlang der Küstenlinie, den kleinen Fjordarmen an ihre Enden folgend, nur um die nächste Landspitze wieder zu erreichen. Eiderenten zu tausenden, Möven, Schwäne und andere Entengattungen tummeln sich in den Sommermonaten entlang der Uferlinie. Am Hestfjördur ein erstes Dejavu zur Halbinsel Snæfellsness: der Bergrücken des Heslur hat eine unbestreitbare Ähnlichkeit zum berühmten Kirkjufell! Ob das Licht beim Heslur aber genauso wirkt wie am Original – ein aufziehender Orkan sorgte in unserem Falle leider für tristes nasses wie windiges Grau. Schlechtwetter kann man u.a. mit dem Polarfuchsmuseum in Sudavik begegnen, im Aussengehege besteht die Möglichkeit dem Polarfuchs auch persönlich in die Augen schauen.
Isafjördur mit seinen ca. 2600 Einwohnern liegt mitten im Skutulusfjördur auf einer Halbinsel, der alte Hafen der Stadt liegt so bestens windgeschützt zur Landseite hin. Die neuen Anleger z.B. für die Kreuzfahrtschiffe sind hingegen auf der Außenseite zu finden. Faszinierend die steilen Fjordhänge, der strahlende Lichtrückfall des Snæfjall auf der Nordseite des Isafjardardjup – im Ort viele ältere wie bunte Holzhäuser, dazwischen leider Bausünden der 1960er und 1970er Jahre wie ein grauer Kinoklotz und ein ziemlich unaufgeräumt wirkendes Hafengelände, das mit seinen Firmen bis in die Siedlung hinein reicht. Dennoch lässt es sich in dem Städtchen auf dem Polarkreis ein wenig shoppen: klein aber fein die von hier stammende Modemarke „Concept Iceland“ (http://concepticeland.is), gleich neben der Traditionsbäckerei Gamla Bakariid (https://www.facebook.com/gamlabakariid/). Es besteht für die Rückfahrt die Möglichkeit von Isafjördur die 60 nach Süden zu nehmen, um an der Südküste wieder nach Westen zu gelangen. Oder man fährt dieselbe Strecke zurück, um beide Blickrichtungen dieser Strecke erleben zu können.
Die 60 ist eigentlich eine eigene Tour wert. Wir stufen sie als wesentlich interessanter ein als die montone 61 entlang des Isafjardardjup: der Unterschied liegt einfach darin, dass man immer wieder auf die Schären des blickt, gegenüber Skardströnd, bei guter Sicht ist in der Ferne die Halbinsel Snæfellsness zu sehen. Zudem windet die Straße sich nicht ausschließlich entlang der Fjorde, sondern erklimmt immer wieder die Berge, von denen sich faszinierende Ausblicke auf die Umgebung anbieten – so kein nieseliger Hochnebel einem die Sicht nimmt.
Dann erkennt man nur schemenhaft die Bergwelt und muss seine Fantasie spielen lassen! Pflichtprogramm auf der 60 ist aber die Querung der Glama-Hochebene vom Vatnsfjördur nach Norden Richtung Isafjördur: steile Hänge auf der einen Seite mit Blick auf den Amarfjördur, bei Nebel und Niesel die schemenhaften Umrisse der zerfallenden Vulkanwelt, Trolle aller Orten mag man hier erkennen? Wenn man sich vom Pass an den Amarfjördur wieder herunterschraubt, taucht links am Hang die „Wasserrutsche“ des Dynjandi Wasserfalls auf – seine Schönheit wirkt bizarr im Nebel wie auch bei strahlendem Sonnenschein, ein Muss für jeden Westfjords-Besucher!
In Reykholar, der südlichste Ort auf den Westfjords, gibt es nicht nur heiße Quellen und ein Schwimmbad dazu, hier hat ein kleines Unternehmen, Nordur Salt (www.nordurdsalt.com), sich darauf spezialisiert, aus Meerwasser Salz zu „destillieren“. Durch große Fenster kann man den Herstellungsprozess verfolgen – das fertige Produkt ist u.a. im kleinen Café und Museum des Ortes am Ortseingang erwerben zu ca. 30 % günstiger als in den Shops in Reykjavik. Ansonsten hat der Ort einige Wohnhäuser, eine Kirche, ein Hostel mit warmen Pool – und auf einer Wiese hat ein Bauer seine prächtige Sammlung an historischen Traktoren aufgebaut!
Wer übrigens fangfrische Muscheln wie Fisch direkt aus den Gewässern der Westfjords genießen will, ist bestens im ältesten (familiengeführten) Sommerhotel Islands, dem Bjarkalundur, aufgehoben: täglich fährt am späten Nachmittag der Transporter der örtlichen Fischer am Haus vorbei und bringt frische Ware, die anschließend in der Küche direkt zubereitet wird („Catch of the day“) – einfach lecker! Das Hotel wurde 1945/46 gebaut und 1947 eröffnet. An vielen Ecken ist noch der Charme der 1940er zu erkennen, wie z.B. an den Deckenleuchten im Salon, bei denen gerne mal bei Reparaturarbeiten am anderen Ende des Hauses die Birnen durchbrennen 😉.
Und wer die Westfjords nicht über die Straßen verlassen will, kann in Brjanslækur die Autofähre nach Stykkisholmur im Süden nehmen, die Strecke überbrückt doch einiges an (Hin- wie Rück-) Strecke durch die Westfjords und gibt die Chance noch ein wenig die Halbinsel Snæefellsness zu erkunden. Oder fährt weiter die Ringstraße Richtung Norden (siehe gesonderter Reisebericht).
© Text und Fotos Hans-Martin Goede 24.07.2017 – gerne erfragen Sie weiteres hochauflösendes Bildmaterial aus unserer umfangreichen Datenbank, wir lizensieren Ihnen gerne gewünschte Motive.
Wenn unser Reisebericht Sie nun zu einer Islandreise verleitet, bitten wir höflichst darum, einige Regeln für diese wunderbare Insel am Polarkreis zu achten! D.h. Verkehrsregeln gelten auch für Touristen, verlassen Sie keine Wege nur um einen schillernden Stein aufzuheben und dann doch wegzuwerfen – Sie könnten auf den wenigen Metern zarte Pflanzen zertreten, so das auf lange Zeit an dieser Stelle nichts mehr wächst. Gehen Sie auf den Toiletten an den Tankstellen oder den Rastplätzen – „no shit, no paper“ gilt für jeden hier in der Natur! Offroad kann man mit 4×4 Autos auf den Pisten der F-Straßen genügend fahren, man muss dafür keine Straße verlassen und den Boden zerstören! Auch wenn am Beginn einer F-Straße kein weiteres Hinweisschild steht: diese Straßen sind (hochbeinigen) 4×4 Autos vorbehalten: Kleinwagen oder Campingautos/Caravans haben hier nichts zu suchen. Alle Infos zu den Strassenverhältnissen auf Island gibt es immer live unter www.road.is! Gecampt wird auf offiziellen Zeltplätzen und nur wenn es sich nicht vermeiden lässt in freier Natur! Und in Folge dessen verlässt man den Platz in der Natur, den man genutzt hat so, als wäre man nie da gewesen: keine zertretenen Pflanzen, kein Müll! Das Wetter auf Island kann von einer Minute zur anderen umschlagen. Sturm heißt Sturm, der Wind bläst schnell mal mit über 100 km/h. Wetterinfos und – warnungen gibt es jederzeit unter en.vendir.is oder savetravel.is (auch auf Deutsch).
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