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Reisebericht: Island – am Hotspot der Insel

Wandergebiet Landmannalaugar auf Island - den Vulkanen verdankt diese Region ihren besonderen Charme

Wandergebiet Landmannalaugar auf Island – den Vulkanen verdankt diese Region ihren besonderen Charme

LANDMANNALAUGAR (© hmg) – Golden Circle, die Halbinsel Snaefellsness, Ringstraße und Jökulsarlon sind die Klassiker auf Island (siehe unsere Berichte zum Westen, Süden und Südwesten). Der Osten, Norden und die Westfjords haben ebenso ihren besonderen Charme. Doch wer Islands innere Schönheit und Reize erleben will, der muss einige Abstriche an den Komfort machen, denn im Landesinneren sind B&B, Guesthouses und natürlich auch Hotels nicht nur Mangelware sondern schlicht Fehlanzeige. Hier hilft nur das Campen weiter, also der direkte Kontakt zur Natur.

freies Camping auf Island ist weitgehend eingeschränkt - es gibt inzwischen mehr als 120 Campingplätze

freies Camping auf Island ist weitgehend eingeschränkt – es gibt inzwischen mehr als 170 Campingplätze

Wer nicht auf einen Campingplatz mit Vorzügen wie Dusche, WC und einen nicht zu unterschätzenden Aufenthaltsraum (wegen des wechselhaften Wetter) besteht: „Wildes campen“ in Island ist nicht mehr erwünscht, weitgehend aber (noch) geduldet, so lange man sein Zelt nicht ungefragt auf Privatgrund (eingezäunt), in Nationalparks bzw. Naturschutzgebieten oder trotz vorhandenem Verbotsschild aufstellt. Zuwiderhandlungen werden geandet und das kann teuer werden! Nachmeldung 15. November 2017: Im Süden von Island ist wildes Campen ab sofort untersagt. Darauf weist seit 2018 auf da Auswärtige Amt hin.

Beachten sollte man, das Zelt nicht auf Moos oder seltenen Pflanzen aufzustellen, idealerweise nur auf „herkömmlichen“ Gras oder auf unbewachsenem Boden. Hinterlassenschaften sind unerwünscht – Müll jeder Art (kompostierbare Produkte auch!) sollten unbedingt komplett eingesammelt und mitgenommen werden, last but not least: „no shit, no paper!“. Achtung: “Wildes Campen” mit Campern/Wohnmobilen bzw. Wohn-/Zeltwagen ist inzwischen weitgehend auf Island verboten! Mit diesen Grundregeln ausgestattet kann man sich (samt einem 4WD Auto mit entsprechend PS) in das Landesinnere wagen. Weitere Infos zum Camping auf Island finden Sie HIER!

die Straße Nr. 35 ist nicht geteert, im Sommer für normale Fahrzeuge aber in der Regel befahrbar.

die Straße Nr. 35 ist nicht geteert, im Sommer für normale Fahrzeuge aber in der Regel befahrbar.

Von Reykjavik aus ist man binnen rund 30 Minuten in der vulkanischen Grabenbruchzone Pingvellir, nach ca. 60 Minuten am dampfenden Geysir vorbei. Hinter dem rauschenden Gullfoss erheben sich im Norden in der Ferne das Eis des Langjökull, im Süden die Vulkankegel – und dazwischen optisch flaches Land, bei näherem Hinsehen und Befahren der 35 offenbart es sich jedoch als hügeliges, karges wie graues, mal braunes, mal rötliches Geröll, zerfurcht von Flüssen mit kleinen Wasserfällen wie grünen Ufern und Tümpeln. Der größte (Gletscher-) See an der Strecke ist der Hvitarvatn, dessen Abfluss die unbefestigte 35 per schmaler Brücke überquert. Wer nun aber meint, hier allein mit der kargen Natur auf Du und Du zu sein, wird auf dem falschen Fuß erwischt.

die F347 Richtung Kerlingaflöll

die F347 Richtung Kerlingaflöll

Die 35 ist eine wichtige Nord-Süd-Verbindung, zudem ist auf halber Strecke der Höfsjökull und Kerlingafjöll, das Ziel einer ersten Tagesetappe. An der abzweigenden F347 ist rechter Hand ein Flugfeld angelegt, der Linienbus aus Reykjavik taucht unvermutet an einem Blind Head auf, gefolgt von für diese Straße eigentlich unzulässigen Kleinwagen. Ansonsten sind es in der Regel 4WD Autos, Mountain Vehicles mit überdimensionalen Reifen, Jeeps, Campern wie umgebauten LKW mit Aufbauten, wie man sie sonst nur aus Filmen mit Sahara-Expeditionen kennt. Vor allem in den Sommermonaten morgens wie abends geht es hier gefühlt zu wie auf der Autobahn!

die Campsite bei Kerlingafjöll

die Campsite bei Kerlingafjöll

Kerlingafjöll und seine Campsite sind nicht nur irgendein Ziel – hinter der Bergkuppe befinden sich heiße Quellen, die wunde Wandererbeine und Muskeln entspannen. Für uns leider nur Theorie – ein Reifen hat mehrfache Risse bekommen, die Luft entwich. Und wären an der Campsite nicht zufällig weltbekannte Fotografen mit ihren Geländejeeps und motorischer Luftdruckpumpe gewesen – das Ersatzrad auf den Geröllstrecken ist zwar eine Lösung, aber eben keine dauerhafte (weshalb wir es erst kurz vor Gullfoss aufziehen mussten). So machten wir uns frisch aufgepumpt unverrichteter Dinge wieder auf den Rückweg, derweil uns die Autovermietung mit einem Ersatzauto bis Laugarvatn entgegen kam.

hat sich tief in die Erd-, Lava- und Basaltschichten gegraben: Canyon des Haifoss auf Island

hat sich tief in die Erd-, Lava- und Basaltschichten gegraben: Canyon des Haifoss auf Island

Von Laugarvatn kann man problemlos über die Straße 32 „querstechen“ Richtung Osten nach Hrauneyjalon. Auf der Strecke der ständige Blick auf die Hekla, mit der gefährlichste Vulkan auf Island, auch bekannt als „das Tor zur Hölle“. Die Vorwarnzeit bei einem Ausbruch beträgt nicht mehr als 90 Minuten, die Eruptionen können so heftig sein, dass ein Klimawandel in Folge dessen möglich erscheint. Kleinere Ausbrüche erfolgen etwa alle 10 Jahre, zuletzt war dies im Jahr 2000 der Fall – Hekla ist also überfällig. Faszinierend schön auf der Strecke und nur per teils schlechter Schotterpiste zu erreichen: der Haifoss Wasserfall. Der Wasserfall an sich ist schon imposant, doch die wahre Schönheit liegt im durch den Fluss geschaffenen Canyon, der sich durch Erd- und verschiedenfarbige Vulkanschichten in die Tiefe frisst.

An der F208 zwischen Hrauneyjalon und Landmannalaugar

An der F208 zwischen Hrauneyjalon und Landmannalaugar

Hinter Hrauneyjalon biegt die F208 nach Süden ab Richtung Landmanalaugar – 4WD ist Pflicht, der Ranger am Eingang des Nationalparks verinnerlicht in den Sommermonaten den Ersttouristen die Verhaltensregeln in der Vulkanregion. Durch Mondlandschaften und Flusstäler windet sich die Schotter-, Sand- wie Aschepiste, die farbigen Berghänge von Landmanalaugar kommen erst kurz vor dem Ziel in Sichtweite und lassen erahnen, was dieses Gebiet an Eindrücken zu bieten hat.

Campsite von Landmannlaugar - in der grünen Wiese befindet sich die Bademöglichkeit im Flüsschen, der durch eine heiße Quelle erwärmt wird

Campsite von Landmannlaugar – in der grünen Wiese befindet sich die Bademöglichkeit im Flüsschen, der durch eine heiße Quelle erwärmt wird

Am Ende der Strasse angekommen fasziniert das weite mäanderndere Flusstal, eingefasst von durch den Vulkanismus erzeugten bunten Bergen und einem erstarrten Lavafeld. Klein davor die unzähligen bunten Zelte auf der Campsite. In der grünen Wiese daneben dampfen die Bäche Dank einer heißen Quelle: der berühmte Pool im Bach ist tagsüber eng „besetzt“, ohne Gedränge kann man das Bad nur genießen, wenn man auf dem steinigen Untergrund sein Zelt errichtet und vor allen anderen Campern wach wird: die einsamste Zeit ist für ein entspanntes Bad zwischen drei und sechs Uhr morgens. Zu Zeiten der Mitternachtssonne im Sommer ist es ja rund um die Uhr hell, also rein ins Wasser, denn die Zelte stehen bestenfalls einen Meter auseinander, das Schnarchkonzert zeitweise schlafraubend.

Biker und Wanderer "teilen" sich die Wege rund um Landmannalaugar

Biker und Wanderer “teilen” sich die Wege rund um Landmannalaugar

Tagsüber karren die Busse die Touristen mittlerweile als Massengut an, die Wanderwege entlang und über dampfenden Vulkanhänge und Lavafelder hinweg gleichen einer Prozession – wenn dann noch gedankenlose Mountainbiker auftauchen, die dem Fußvolk auf dem empfindlichen Moss „kurz mal“ abseits der breiten Wanderwege ausweichen, möchte man am liebsten laut schreien und sie vom Rad zerren. Auch der Laugavegurinn Wanderweg (siehe Bericht aus 2015) ist inzwischen kein Geheimtipp mehr.

Bei flachen Wasserpegeln kann man mit seinem 4WD der F208 durch die Täler, Furten und über die Pässe nach Südosten folgen und landet auf der Ostseite des Katla Geopark: schwarz sind die Sande, neongrün das zarte Moos, blaugrau das Wasser des schmelzenden Myrdalsjökull.

Katla Geopark - bei schlechtem Wetter eher noch geheimnisvoller als bei Sonnenschein

Katla Geopark – bei schlechtem Wetter eher noch geheimnisvoller als bei Sonnenschein

Dass diese Region rund um den Vulkan Katla hochgradig geologisch aktiv ist, zeigt der wiederholte GPS Ausfall von technischen Geräten, ein Drohnenflug sollte hier nur auf Sichtweite durchgeführt werden.

Der letzte Ausbruch des Katla war 1918, dem wir die heutige Faszination der Region verdanken. Statistisch gesehen bricht Katla etwa alle 50 Jahre aus – es scheint als wäre in Island so einiges an gefährliche Ausbrüchen überfällig?

Eisige Berspitzen am Rand des Vatnajökull (bei Skaftafell)

Eisige Berspitzen am Rand des Vatnajökull (bei Skaftafell)

Schwerer erreichbar als Keringarfjöll, Landmanalaugar oder Katla Geopark ist das Lava- und Vulkankegelgebiet des Laki am Fuß des Vatnajökull, Europas größtem Gletscher. Er beherbergt unter seinem Eisschild namhafte Vulkane wie den Bardabunga (zuletzt 2014 aktiv) oder auch den Grimsvötn (zuletzt 2004 aktiv). Der Laki hat mit seiner Supereruption 1783/84 nicht nur Island gefährdet, sondern ganz Europa. Seine Asche- und Schwefelwolke löschte 25 Prozent der Bevölkerung Islands aus, in Europa kamen tausende Menschen in der sauren Luft zu Tode.

60 cm Wassertiefe auf der F206 zum Laki - zu tief für unsere flachen Nerven!

60 cm Wassertiefe auf der F206 zum Laki – zu tief für unsere flachen Nerven!

Über die F206 sind die mehr als 100 Vulkankegel des Laki nur per geländegängigem wie hochbeinigen 4WD erreichbar. Wir mussten uns bei Kilometer 27 von 45 einer bis zu 60 Zentimeter tiefen Furt sicherheitshalber geschlagen geben – ein wolkenverhangener Himmel und Regen im Rücken erleichterten die Umkehrentscheidung. Dennoch ist die befahrene Strecke sehr sehenswert – atemberaubende Fernblicke, mal verschiedenfarbige Geröllfelder wie tiefgrüne Täler, der Fagrifoss oder auch der spektakuläre Fjadrargljufur Canyon am Startpunkt der F206 versöhnen ein wenig für die (vorerst) entgangenen Eindrücke dieser Vulkanspalte. Laki, wir sehen uns noch – man muss ja Ziele im Leben haben!

der Lómagnúpur am Skeidarasandur ist eines der bliebtesten Fotomotive Islands

der Lómagnúpur am Skeidarasandur ist eines der bliebtesten Fotomotive Islands

Islands Vulkanwelt ist faszinierend und gefährlich zugleich – und das nicht erst seit 2010, als der Eyjafjallajökull diese „Insel mit Fußbodenheizung“ in den globalen Medienfokus gerückt hat. Hier schlummern Giganten, die das Weltklima verändern – oder zumindest Europa ins Chaos stürzen können. Zugleich muss Island aber auch lernen, mit dem neuen Massentourismus umzugehen – und die Touristen ausnahmslos endlich begreifen, wie sensibel dieses Ökosystem am Polarkreis ist und Schutz braucht. Es fängt damit an, dass man Wege wie Straßen definitiv nicht verlässt und z.B. Mountainbikes in freier Natur hier nichts verloren haben. Die persönliche Freiheit endet schlicht dort, wo man andere Lebewesen gefährdet – und dazu zählt nun mal die sich in dem rauen Klima am Polarkreis nur sehr langsam entwickelnde Flora (und Fauna) auf Island.

© Text und Fotos Hans-Martin Goede 22.07.2017 – gerne erfragen Sie weiteres hochauflösendes Bildmaterial aus unserer umfangreichen Datenbank, wir lizensieren Ihnen gerne gewünschte Motive. 

Raues Klima, karger Boden. Islands Flora und Fauna wächst langsam, Schäden durch den Mensch sind teils Jahrelang sichtbar!

Raues Klima, karger Boden. Islands Flora und Fauna wächst langsam, Schäden durch den Mensch sind teils jahrelang sichtbar!

Wenn unser Reisebericht Sie nun zu einer Islandreise verleitet, bitten wir höflichst darum, einige Regeln für diese wunderbare Insel am Polarkreis zu achten! D.h. Verkehrsregeln gelten auch für Touristen, verlassen Sie keine Wege nur um einen schillernden Stein aufzuheben und dann doch wegzuwerfen – Sie könnten auf den wenigen Metern zarte Pflanzen zertreten, so das auf lange Zeit an dieser Stelle nichts mehr wächst. Gehen Sie auf den Toiletten an den Tankstellen oder den Rastplätzen – „no shit, no paper“ gilt für jeden hier in der Natur! Offroad kann man mit 4×4 Autos auf den Pisten der F-Straßen genügend fahren, man muss dafür keine Straße verlassen und den Boden zerstören! Auch wenn am Beginn einer F-Straße kein weiteres Hinweisschild steht: diese Straßen sind (hochbeinigen) 4×4 Autos vorbehalten: Kleinwagen oder Campingautos/Caravans haben hier nichts zu suchen. Alle Infos zu den Strassenverhältnissen auf Island gibt es immer live unter www.road.is! Gecampt wird auf offiziellen Zeltplätzen und nur wenn es sich nicht vermeiden lässt in freier Natur! Und in Folge dessen verlässt man den Platz in der Natur, den man genutzt hat so, als wäre man nie da gewesen: keine zertretenen Pflanzen, kein Müll! Das Wetter auf Island kann von einer Minute zur anderen umschlagen. Sturm heißt Sturm, der Wind bläst schnell mal mit über 100 km/h. Wetterinfos und – warnungen gibt es jederzeit unter en.vendir.is oder savetravel.is (auch auf Deutsch).

Übrigens: Alle in diesem Bericht beschriebenen Wandertouren konnten trotz zweier Fersensporne Dank bester Beratung bei der Schuhtechnik Ditzingen mit passenden Wanderschuhen schmerzfrei durchgeführt werden 😉

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