WITTDÜN (© hmg) – Die Amrumer rühmen sich gerne, dass sie mit dem Sandstrand von der nördlichen Odde bis zum südlichen Kniepsand angeblich den größten in Europa haben. Nun gut, das mag definitiv für die Nordsee gelten – aber unendlich große Strände hat es auch andernorts. Wir haben es nun nicht gerade so mit der Sandkornzählerei – aber auf Island zwischen den Westmänner-Inseln und Vik gibt es schwarze Strände, die eine ebenso große (oder noch größere) „Sandkiste“ wie auf Amrum bilden. Einen Vorteil hat die Nordseeinsel südlich von Sylt allerdings: Es ist in den Sommermonaten „deutlich“ wärmer als am Polarkreis 😉
Die Anreise nach Amrum mit ihren nur rund 20 Quadratkilometer Größe (verteilt auf ca. 10 km Länge und rund 2,5 km Breite) geht nur per Fähre (Startpunkt am Festland ist Dagebüll) – wahlweise zu Fuß, per Rad oder mit dem PKW. Wer allerdings ein wenig nachrechnet: die wenigen Kilometer auf der Insel – dafür braucht es kein eigenes Auto! Die meisten Hotels bieten einen Abholservice am Fährterminal in Wittdün an, zudem gibt es den Inselbus, der die Straße(n) zwischen Wittdün, Süddorf, Nebel und Norddorf binnen weniger Minuten abfährt (Kosten der Tageskarte 5,50 Euro, die Wochenkarte gibt´s für 19,- Euro, Preise 2017). Und wenn es definitv etwas ausreichend neben dem Sand auf der Insel gibt, dann Fahrräder! Fahrradverleihstationen gibt es sprichwörtlich an jeder Straßenecke – für Kinder, Erwachsene, Tandems… und viele Hotels haben auch noch eigene Zweiräder im Angebot.
Ergo: Es macht durchaus Sinn das Auto auf dem „Inselparkplatz“ am Festland zurückzulassen, per Shuttlebus sich zur Fähre bringen zu lassen und auf Amrum mal die freien Tage erholsam wie geschwindigkeitstechnisch „downgraden“! Die Insel ist auf Fußgänger und Radfahrer ausgerichtet – ein sehr gut ausgebautes Radwegenetz durch die Wiesen und Felder im Osten sowie durch die Wälder im Westen (entlang der Dünenlandschaft) machen das (eigene) Auto schlicht überflüssig. Bei ca. 2.500 Insulanern und mehr als 12.000 Gästebetten kann man sich ausrechnen, was es für eine Blechlawine gäbe, wenn alle Touristen mit dem Auto kämen…
Die Sehenswürdigkeiten im Süden von Amrum sind der ausgedehnte Kniepsand und das Wahrzeichen der Insel: der Leuchtturm; traumhaft gelegen mitten in der faszinierenden Dünenlandschaft, die wiederum durchzogen ist vom Dünenwanderweg. In den Dünen nisten heute vornehmlich die Seemöven, früher auch die Eiderente, das „Wappentier“ der Insel. Allerdings ist die Eiderente sehr selten geworden – vertrieben von anderen Vögeln und wohl auch von den vielen Touristen.
In den Senken der Dünen bilden sich durch aufsteigendes Grundwasser sowie Regenwasser kleine Tümpel – und sogar ein See: der Neehrungssee „Wriak Hörn“, sehr beliebt bei Gänsen und Seevögeln als Trinkwasserreservoir. Von Wittdün aus erreicht man den See bequem auf dem Bohlenweg – dieser soll die Touristen davon abhalten quer durch die empfindlichen Dünen und ihre zarte Pflanzendecke zu laufen. Klappt auch ganz gut, Ausnahmen bestätigen leider die Regel – diese uneinsichtigen Menschen kann man mit Kopfschütteln ignorieren oder mehr oder weniger erfolgreich zur Ordnung rufen.
Über das kleine Süddorf geht es Richtung Norden nach Nebel, dem zentralen Ort der Insel. Er ist mit der ursprünglichste Ort der Insel, die Häuser sind für gewöhnlich mit Reet gedeckt – neue Häuser werden meist ebenso mit dieser traditionellen Dachbedeckung ausgestattet. Das Mühlenmuseum, die Kirche St. Clemens und das Öömrang-Hus (Museumshaus) sind hier die Highlights und einen Besuch wert. Das Öömrang-Hus wurde 1992 vom Naturschutz-, Heimat- und Kulturverein erworben – es ist eines der schönsten und ältesten Friesenhäuser in Nebel. Es stammt aus dem 18. Jahrhundert und ist heute die museale denkmalgeschützte Kostbarkeit der Insel. Die Räumlichkeiten wurden über die Generationen hinweg nahezu im Originalzustand gehalten, so dass man die Ursprünglichkeit der früheren Wohnverhältnisse und die Lebensweise der Friesen hier auf sich einwirken lassen kann.
Über die vogelreichen Salzwiesen und die Landgewinnungsflächen im Watt führen Fuß- und Radwege weiter in den Norden Amrums – nimmt man den inneren Feldweg statt entlang des Watts kann man zwei Hügelgräber in den Weiden erkennen – während das flachere in der Kuhweide integriert ist, ist das größere Hügelgrab (das Kanshugh) eingezäunt und wird (zumindest im diesjährigen April) von einem fauchenden Gänsevater bewacht.
In Norddorf kann man entspannt rund um den großen zentralen Platz mit seinen Grünflächen im Strandkorb der Sonne zugewandt entspannen oder in einem der Cafés seinen Espresso, Cappucino wie Kuchen oder Törtchen genießen – die Kuchenpreise sind normal, etwas überzogen teuer in unseren Augen allerdings die koffeinhaltigen Getränke. Nun denn – was solls, der Kaffee in Florenz hat auch seinen Preis bzw. ist noch teurer… Von Norddorf aus starten bei Ebbe auch die Angebote einer Wattwanderung zur Nachbarinsel Föhr – die Touren sind geführt, auf eigene Faust durch das UNESCO Weltnaturerbe Wattenmeer loszuziehen ist verantwortungslos! Die Kontaktdaten zu den Wattwanderführern hängen überall auf der Insel aus, Infos geben auch die Touristinformationen – oder fragen Sie einfach ihre Gastgeber!
Einen Abstecher sollte man von Norddorf aus durch die Marschen zur Amrumer Odde und ihrer Seevogelwarte machen – im Frühjahr leben hier zwischen Ort und Dünen tausende Zugvögel bzw. Gänse -und ziehen ihre Jungen groß! Erhebt sich ein Schwarm, geht dies mit einem lauten Geschnatter der Vögel einher – Natur pur, der Himmel wird lebendig. Ruhiger wird es wieder am Strand – hier kreuzen die Kiter & Surfer durch die Priele, in rund acht Kilometer Entfernung sieht man die Südspitze von Sylt mit dem Leuchtturm von Hörnum.
Nur 1800 Meter südwestlich von Norddorf entfernt liegt die „Vogelkoje Meeram“ – ein kleines Naturreservat zwischen Wald und Dünen mit kleinen Seen, Tümpeln und krüppeligen Bäumen (vornehmlich Birken). Ein Lehrpfad führt durch dieses Gebiet, in dem viele Seevögel, Gänse und Enten leben und ihre Jungen großziehen. Ein kleines Rehgehege sowie ein großer Spielplatz samt Holzhüttenkaffeebar macht dieses Plätzchen abseits jeder Inselstraßen zum Familienentdeckungsflecken der Insel schlechthin.
Durch die Dünen geht ein Weg zum „archäologischen Flecken“ von Amrum – im Sand gefunden wurde hier ein eisenzeitliches Dorf. Ein Haus wurde in Folge der Forschungen nachgebaut und kann kostenfrei besichtigt werden. Leider sind die Infotafeln sehr knapp gehalten – der geschichtlich interessierte Besucher erhofft sich ein wenig mehr (auch was das wenig entfernt liegende Großsteingrab betrifft).
Nicht unterschätzen sollte man den Bohlenweg ab dem Eisenzeithaus durch das Naturschutzgebiet „Amrumer Dünen“ zum „Quermarkenfeuer“, dem nördlichen Leuchtturm der Insel. Wenigstens hat es unterwegs jede Menge Ausweichstellen mit Bänken – und irgendwann kommt man zu der Erkenntnis, dass man sich ja hier eher sprichwörtlich „auf dem Holzweg befindet“…
Fazit: Amrum an einem Tag entdecken macht wenig Sinn, drei bis vier Tage sind perfekt – und wer noch mehr Zeit hat und zur warmen Jahreszeit kommt, der kann in der „Sandkiste“ ja seine eigene Sandburg um den Strandkorb aufwerfen und mit Muscheln dekorieren – das was der Nord- wie Ostseeurlauber eben seit jeher macht 🙂
Zwei Tipps müssen wir unbedingt noch los werden! Zum einen was eine wirklich gute Inselküche angeht und zum anderen den hochprozentigen Genuss betrifft:
So empfehlen wir gerne das Hotel und Restaurant Weisse Düne „watt’n blick“ in Wittdün – ein leuchtendes Beispiel für hervorragendes Essen & Service! Und wenn es um den Absacker im Anschluss geht und die durchaus sehr umfangreiche restauranteigene Bar aus welchen Gründen auch immer nicht reiche sollte: Gastgeber Kay Seesemann einfach mal nach „Nichts“ und/oder einen kräftigen „Austernschluck“ fragen! Allerdings muss man sich sputen: Zum 31. Oktober 2017 schließt dieser „kulinarische Leuchtturm Amrums“ sein öffentliches Restaurant. Die „Weisse Düne“ wird im Frühjahr 2018 nach umfangreichen Umbaumaßnahmen als Hotel Garni neu eröffnet – dann allerdings gibt es das „Vital-Menü“ oder „Kaptains-Menü“ nur noch auf Anfrage (und die sollte man stellen!).
Die langen Wintermonate 2017/18 über kann man „ohne Nichts“ auf der Insel alternativ rund 500 Meter weiter in die „Blaue Maus“ einkehren: Es ist mit die bekannteste Whisky-Bar im Norden Deutschlands mit einer außergewöhnlichen Auswahl des schottischen Nationalgetränks. Und irgendwie gerät man ins Schmunzeln, wenn man auf (s)einer Schottlandtour ein Auto mit den Insignien der „Blauen Maus“ zu sehen bekommt…
Mehr Infos zu Amrum gibt es auch auf der offiziellen Webseite des Amrum-Tourismus unter www.amrum.de!
© Text und Fotos Hans-Martin Goede 20.04.2017 – gerne erfragen Sie weiteres hochauflösendes Bildmaterial aus unserer umfangreichen Datenbank, wir lizensieren Ihnen gerne gewünschte Motive.
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