Kreta – Eintauchen ins Abtauchen
HERAKLION (19.08.2013, © hmg) – Nach dem verregneten wie “gefühlt kalten” Frühjahr in Deutschland und unserer mißglückten “Frühsommer-Expedition” in die Haute-Provence im Mai wollten wir diesmal sicher gehen, in der Sonne zu landen. Als “sonnensicher” machten wir daher KRETA aus: rund 300 Tage mit blauem Himmel sind garantiert (die meisten am Stück gibt es von Juni bis September), die übrigen 60 Tage (vornehmlich von November bis März) laufen Gefahr, durchaus (den dann dringend notwendigen) Regen zu bringen. So wählten wir den August – und hatten das klimatische Glück KEINEN Südwind aus der lybischen Wüste sondern meist den leicht kühlenden Nordwind aus der Ägäis zu erleben, der die Temperaturen zwischen 30 und 37 Grad sehr gut erträglich machte.
Durch die Euro-Schuldenkrise Griechenlands waren wir medientechnisch “vorgewarnt”, als Deutscher eventuell in der Ägäis nicht willkommen zu sein. Doch das betrifft wohl eher Personen, die Merkel oder Schäuble heißen. Und Kreta ist nicht Griechenland, das sind absolut zwei verschiedene Paar Schuhe! Wir waren überall äußerst willkommen, die kretische Gastfreundschaft gilt wie eh und je. Kamen wir mit Kretern ins Gespräch und kratzten ein wenig an der Oberfläche, so kam durchaus zu Tage, dass es vor allem den russischen Touristen “ab und an” ein wenig an Rücksicht vor Land und Kultur fehle. Doch auch diese Touristen bringen Geld auf die Insel – man arrangiert sich daher immer mehr mit Dingen wie einer russischen Speisekarte oder kyrillischen Infobroschüren.
Griechenland (und somit auch Kreta) hat ein wenig von der Schuldenkrise gelernt – die einst astronomischen Urlaubskosten sind passé, die Ferien in der Ägäis wieder bezahlbar geworden. Brauchbare Hotels gibt es ab 2,5 bis 3 Sterne bei Wochenbuchung oder auch länger ab ca. 17 Euro pro Tag inkl. Frühstück, tagsüber tut´s ein “Greek Coffee” mit Loukoumades (den kretischen “Krapfen”) und abends ein mehrgängiges Menü (für unter 20 Euro inkl. einer Karaffe Hauswein pro Person). Da braucht man keine Eulen nach Athen tragen, da macht das Geldausgeben auch wieder Spass!
Übrigens, die besten Loukoumades fanden wir in Mires (im Süden der Insel) in der 25 martiou 237 (der Hauptstraße im Ort). Der Wirt, Manolis Haritakis, ist ein 1981 aus Deutschland “rückausgewanderter Kreter”, der sich in seinem Café (gegründet 1982) sichtlich über deutsche Touristen freut und ein Schwätzchen mit ihnen hält (und man erfährt dann so Einiges!). Damals wollte er nicht zurück nach Kreta aber seine Frau – heute will seine Frau wieder nach Deutschland aber er nicht. Und dann gibt´s den Austausch über die Gesundheitssysteme, wie es heute in Deutschland aussieht und ob das Konsulat in Stuttgart immer noch an derselben Adresse ist. Ach ja: Wir vermissen seine handgemachten frischen Loukoumades inzwischen jeden Tag!
Von der Schuldenkrise Griechenlands bekommt man optisch zwar auch auf Kreta einiges mit: geschlossene leere Geschäft, viele verwahrloste Gebäude, nicht zählbare Bauruinen in Dörfern, Städten und im “Nichts”. Doch dies tut der Lebensfreude der Griechen keinen Abbruch – vormittags geschäftig, nachmittags gibts stundenlange Ruhe (geschlossene Geschäfte) & “Greek Coffee” und abends ab ca. 21 Uhr geht´s rund: Musik, Gesang & gute Laune. Dann sind die meisten Touristen in ihren Hotelbetten und das Nachtleben nimmt bis weit nach Mitternacht seinen fröhlichen Lauf! Wir erlebten zwei atemlose Nächte in der Inselhauptstadt Heraklion – vor allem ein wenig abseits der Innenstadt-Hauptachse reihen sich Tavernen an Tavernen und jede Nacht ist irgendwo ein buntes Programm geboten!
Übrigens sollte man sich nicht vornehmen, innerhalb 2 Wochen die gesamte Insel zu erforschen. Geht nicht! Zu heiss, zu miserable Straßen und einfach zuviel überall zu sehen! Man sollte die Insel einfach in 3 Abschnitte einteilen: Westen (Chania), Mitte (Rethimnon/Heraklion) und Osten (Agios Nikolaos). Wir haben uns in diesem Jahr die Mitte vorgeknöpft – vormittags Städte wie archäologische Exkursionen, nachmittags Strand und abends laaaange Essen gehen und das Leben genießen!
Neben der quirlligen Hauptstadt Heraklion gibts in der “Mitte” noch die Hafenstadt Rethymno (Rethimnon), die wesentlich mehr “Altes” im Stadtzentrum zu bieten hat: faszinierend die alte venezianische Festungsanlage “Fortezza”, in deren Zentrum die Osmanen nach der Vertreibung der Venetianer eine Moschee errichteten. Hinzu kommt der touristisch überrannte alte venezianische Hafen mit seinen nicht zählbaren Tavernen und die engen Gassen der Altstadt, deren Einzelhandel in einem besseren Zustand ist als der in Heraklion! Mitten drin auch die Reste des Rimondi-Brunnens – das Wasser ist trinkbar und bietet auch die notwendige Abkühlung für den Kopf: einfach drunter halten! Negativ empfanden wir die Beschilderung um mit dem Auto die Innenstadt zu finden. Die Parkplatz- wie City-Hinweisschilder sind klein, absolut surreal angebracht und vielfach nicht zu sehen oder fehlen einfach. Strafzettel werden hier wohl auch sonntags mit abstrusen Summen vornehmlich an Leihwagen von Touristen angebracht, obwohl nicht klar erkennbar ist, ob ein Halteverbot existiert oder nicht (siehe gesonderter Bericht). Rein griechische Fahrzeuge neben uns erhielten keine Strafzettel. Eine sehr unschöne Seite der Stadt, die wir hier kennenlernen mussten, was sehr enttäuscht und rechtlich nicht einwandfrei ist, wie ADAC und Polizei in Deutschland uns bestätigen.
Wem Städte und Shopping reichen und das Ganze nur noch mit Strand & Co bereichern will, sollte die touristisch hoch erschlossene Nordküste getrost ignorieren und in den Süden fahren – hier ist nicht nur das Meer meist etwas ruhiger (insbesondere beim typischen Nordwind), die Luft ist spürbar trockener und die Strände ebenso einsam wie quirllig. Das “Zentrum” des Strandlebens ist Matala – einst bekannt geworden durch die Hippie-Invasion, als es doch glatt diese langhaarigen Aussteiger gab, die in den alten Felsenhöhlen nach dem Motto “Today is life, Tomorrow never comes” lebten und liebten. Davon ist heute nichts mehr übrig: Touristen-Nepp und Tavernen mit verbesserungswürdigem Essen (mit Ausnahme von “Giannis Family Grill House”, aber nicht den Auberginen-Salat nehmen, der ist nur Majo… Beste Empfehlung: Tintenfisch wie Octopus! Schlemmen und genießen!), Nachtbars die ihren Namen nicht verdienen (das Nachtleben von Heraklion hat mehr zu bieten), dazwischen laufen noch ein paar “alte” Hippies rum (mehr oder minder zugedröhnt) und die “jungen” Hippies scheinen dies eher als Job zu verstehen, haben neueste MacBookPro´s, machen durchgedrehte Musik für nach Hippie-Leben dürstende Touristen, verkaufen selbstgebastelte Bändchen & Co und nachts gehen sie in normale Betten schlafen.
Komos Beach (Mesara-Bucht, bei Kalamaki) oder auch der Aussteiger-Strand von Lendas an der Südküste, das sind die besseren Strand-Ziele der Region. Hier gibt es neben “normalen” Tavernen deutlich mehr Ruhe, keinen Touristen-Nepp und die gleiche Sonne wie sonst überall auch. In den Kreta-Büchern findet man auch noch Tipps wie “Strand von Kali Limenes” – doch da haben die Autoren wohl schon lange nicht mehr vorbei geschaut: wenige hundert Meter auf einer dem Strand vorgelagerten Insel wurde ein Öl-Terminal-Umschlaghafen errichtet. Wir liegen nicht gerne in der Drift von Tankschiffen am Strand mit einem grauenhaften Blick auf riesige Öllager-Terminals! Die Straße dort hin ist kurvenreich und bietet tolle Ausblicke – wenn die im Sommer 2013 im Großbrand vernichteten Hänge wieder grün-braun sind und nicht schwarz verkohlt. Schade!
Und nun kommt das ins Spiel, was man in den Sommermonaten tunlichst nur in den Vormittagsstunden mit mindesten 1,5 Liter Trinkwasser bewaffnet machen sollte: Erforschung von alten minoischen wie römischen Ruinen-Städten! Anfangen kann man gerne mit dem zweifelhaften Highlight KNOSSOS bei Heraklion – alles schön bunt und teilweise neu aufgebaut, letztlich das “Disney-Land der Antike”. Traurig! Gesehen haben sollte man es trotzdem! Erreichbar ist Knossos vom Stadtzentrum Heraklion idealerweise für 1,50 Euro per Bus – es fahren 2 Linien (4 und 20), die etwa alle 5 bis 10 Minuten aus der Innenstadt die Fundstätten anfahren (idealer Einstiegspunkt: KORNAROU Platz!). Mit dem eigenen Auto? Viel Spass – Bus ist besser, dauert nur 10 Minuten und man wird direkt am Eingang abgesetzt.
Mehr Altertum und Ruhe als Knossos bietet hingegen das Archäologische Museum von Heraklion. Ab ca. Herbst 2013 ist auch die minoische Ausstellung wieder geöffnet, bis dahin bleiben einem nur die Räumlichkeiten mit den Funden aus römischer Zeit als auch die Wandmosaike und Utensilien im Obergeschoss. Sehr sehenswert, vieles ist auch fotografierbar – einiges ist verboten. Schilder lesen können scheinbar nicht Alle? Deshalb gibt´s auch viel Aufsichtspersonal, denn es gibt wohl (wie wir es erlebten) immer wieder Touristen (vor allem wohl aus dem Osten Europas), die alles befingern müssen, Eltern wie Kinder – nicht zu fassen.
Pflichtprogramm sind natürlich in der Mesara-Ebene die archäologischen minoischen Fundgruben von Festos (Phaistos) als auch Agia Triada (wenig westlich von Festos gelegen, es gibt ein Doppelticket für beide zum ansehen, so kann man ein paar Euros sparen!). Bewundernswert, was die frühen Minoer vor 4000 bis 5000 Jahren von heute an rückwärts gerechnet alles schon bauen konnten – Kenntnisse die teilweise erst in den letzten 200 Jahren wiederentdeckt wurden! Man kommt aus dem Staunen (und fotografieren) nicht mehr heraus, fragt sich immer wieder wie solches altes Wissen verloren gehen konnte: wo würde die Menschheit heute schon stehen, wenn…
Allein durch die schiere Größe der alten Stadt Gortys (Gortyn) wird man in seinen Vorstellungen schon regelrecht erschlagen: die Dimensionen dieser Stadt sind gigantisch! Erst Minoer, dann Griechen, am Ende die Römer – wieviele zehntausend Menschen müssen hier früher (vielfach sogar in purem Luxus) gelebt haben? Eine Akropolis auf dem Berg, ein gigantisches Theater am Hang, aus den Ruinen die Titus-Basilika errichtet – hervorgegangen aus der Missionarsarbeit des Paulus auf Kreta. Stundelang tappt man anschließend auf der südlichen Straßenseite durch die Schuttfelder von Gortyn, leicht beschattet nur durch Olivenhaine. Die Römer haben hier eine Stadt errichtet, deren Größe unvorstellbar ist – fast ein kleines Rom.
Am besten erhalten ist noch der Apollo-Tempel, das Praetorium und einige gepflasterte Straßen. Durch die “Aufräumarbeiten” der Oliven-Bauern ist sonst vieles zerstört – die wahren Geheimnisse schlummern aber wohl noch 2 bis 3 Meter unter der Erde. Das zeigen laufende Ausgrabungen rund um das Praeterium – viele Schätze liegen noch vergraben! Die Arena (Amphitheater) am südöstlichen “Stadtrand” erreicht man noch halbwegs gut – ist die Wasserflasche aber hier bereits bedenklich leer, sollte man den Rückzug antreten, auch wenn das Stadium (Rennwagen-Arena) mit ihren gigantischen Ausmaßen weiter südlich noch lockt. Doch Zäune für Schafe und der allgegenwärtige Schutt wie die flimmernde Hitze machen in den Mittagsstunden schnell den Wunsch nach erholsamen Schatten wie frischem kühlen Wasser zum einzigen Ziel.
Unsere Art des Kreta-Urlaubs hatte zur Folge, dass die Bräunung der Haut gegenüber Pool- wie Strand-Touristen deutlich schwächer war (oder lags am Sonnenschutzfaktor 30?). Das stört uns aber nicht im Geringsten – für den West- wie Ostteil der Insel werden wir es nicht anders handhaben! Ein kleiner Tipp am Schluss: wer mit einem Ferienflieger gekommen ist – viel Spass am Flughafen von Heraklion in der Hauptsaison! Geduld und mehr als 2 Stunden Zeit für den CheckIn sind notwendig! Überall wuseln aber deutsche (wie einheimische) organisierende Helferlein durch die endlosen schwitzenden Schlangen. Wir hatten einen Linienflug – standen hilflos im Durcheinander. Eines muss man aber TUIfly zu Gute halten: für TUI-Kunden (aber auch für alle anderen) gibts für 36 Euro pro Nase extra den VIP-Status (Preis 2013, in 2018 waren es bereits 45 Euro)! Nicht mehr anstehen – einfach in die klimatisierte VIP-Lounge setzen, Getränke, Essen und WLAN kostenlos – Bordkarten organisieren die Damen und Herren des Flughafens für einen, die Koffer gibt man auch einfach ab und am Ende geht´s mit einem eigenen Bus mit weniger als zehn Personen drin direkt zum Flieger. Das haben wir doch gerne in Anspruch genommen 😉 Kreta, wir kommen wieder!
Unsere weiteren Kreta-Reiseberichte seit 2013 sind:
- Kreta – der Westen
- Kreta – der Osten
- Kreta – die Samariaschlucht
- Kreta – rund um den Mount Ida
- Kreta – die Rouvas-Schlucht
- … und viele Einzeltipps gibt es unter dem Tag “Kreta“!
© Text und Fotos: Hans-Martin Goede – gerne erfragen Sie weiteres hochauflösendes Bildmaterial aus unserer umfangreichend Datenbank, wir lizensieren Ihnen gerne gewünschte Motive. Oder als Fotolia Kunde HIER bestellen!
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