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​Das Grödner Tal und seine Holzschnitzkunst: Eine Reise durch Geschichte, Tradition und Handwerk​

Das "Val Gardena" (Grödner Tal) erreicht man via Bozen aus Westen - oder über den Pass "Grödner Joch" auf 2121 m ü. NN) aus dem Osten, Foto GOEDE
Das „Val Gardena“ (Grödner Tal) erreicht man via Bozen aus Westen – oder über den Pass „Grödner Joch“ (auf 2121 m ü. NN) aus dem Osten

Das Grödner Tal (Val Gardena) in Südtirol beeindruckt nicht nur mit seiner spektakulären Naturlandschaft, sondern auch mit einer tief verwurzelten Tradition in der Holzschnitzkunst, die seit Jahrhunderten gepflegt wird. Dieses kunstvolle Handwerk hat das Tal nachhaltig geprägt und zählt bis heute zu den zentralen Säulen seiner kulturellen Identität.

Im Herzen der Dolomiten gelegen, vereint das Grödner Tal auf einzigartige Weise landschaftliche Schönheit mit reicher Kultur. Die hier lebenden Menschen sprechen Ladinisch – eine der ältesten Sprachen Europas – was die besondere kulturelle Vielfalt und Eigenständigkeit der Region deutlich macht. Gerade diese sprachliche und kulturelle Besonderheit hat der Holzschnitzkunst entscheidende Impulse verliehen und ihre Entwicklung maßgeblich mitgestaltet. Allerdings ist man als Tourist nicht darauf angewiesen Ladinisch zu lernen, man kann sich problemlos (auch) mit Deutsch, Italienisch wie Englisch verständigen 😉

Holzschnitzereien bei ERSE in Wolkenstein

Die Anfänge der Holzschnitzerei im 17. Jahrhundert

Die Geschichte der Grödner Holzschnitzerei reicht bis ins 17. Jahrhundert zurück. In den langen Wintermonaten begannen die Bewohner, Holzfiguren zu schnitzen, zunächst als Nebenbeschäftigung. Mit der Zeit entwickelte sich daraus ein florierendes Handwerk, das über die Grenzen des Tals hinaus bekannt wurde.

Im 18. Jahrhundert wurde die Holzschnitzerei zur Haupteinnahmequelle vieler Grödner Familien. Die Produkte, darunter Krippenfiguren und sakrale Statuen, wurden in ganz Europa verkauft. Die hohe Qualität und das künstlerische Niveau der Arbeiten trugen zum internationalen Ruf des Tals bei.

ANRI Krippenfiguren gibt es immer weniger – der alteingesessene Betrieb wurde geschlossen

Bedeutende Künstlerdynastien und ihre Werke

Mehrere Künstlerfamilien prägten die Grödner Holzschnitzerei maßgeblich. Die Familie Vinazer beispielsweise war für ihre Arbeiten in Böhmen und Wien bekannt. Auch Künstler wie Johann Dominik Mahlknecht und Peter Nocker-Sabedin hinterließen bedeutende Werke, die heute noch in Museen und Kirchen zu sehen sind. Ebenso bekannt: Die 1912 gegründete Holzschnitzerei ANRI, die sich auf Krippenfiguren spezialisiert hat. Leider wurde das Unternehmen 2021 geschlossen, es gibt nur noch die Produkte, die es in den verschiedenen Geschäften im Abverkauf übrig hat: Der Grundstein wurde gelegt für Sammler und Jäger auf die Restbestände!

Techniken und Materialien der Holzschnitzerei

Die Holzschnitzer im Grödner Tal greifen bevorzugt zur Zirbelkiefer (auch Arve genannt), da sie sich durch ihre weiche Struktur und die feine Maserung ideal für filigrane Arbeiten eignet. Vom klassischen Schnitzhandwerk bis hin zu zeitgemäßen Relieftechniken reicht das künstlerische Repertoire der Region. In vielen Werkstätten werden heute bewährte Traditionen mit modernen Gestaltungselementen vereint, um sowohl Liebhaber des klassischen Stils als auch ein zeitgenössisch orientiertes Publikum anzusprechen.

Trotz moderner Technologien bleibt die Holzschnitzerei ein lebendiges Handwerk im Grödner Tal. Organisationen wie UNIKA fördern junge Talente und halten die Tradition am Leben. Zahlreiche Werkstätten bieten Führungen und Workshops an, um Besuchern einen Einblick in das Handwerk zu geben.

Schön anzusehen – aber im Herbst wie Frühling ziemlich ausgestorben: St. Ulrich im Grödner Tal

Wirtschaftliche Bedeutung und Tourismus

Die Holzschnitzerei ist ein wichtiger Wirtschaftszweig im Grödner Tal. Neben dem Verkauf der Kunstwerke trägt sie wesentlich zum Tourismus bei. Viele Besucher kommen speziell, um die Schnitzkunst zu erleben und authentische Souvenirs zu erwerben.​ Allerdings muss man doch ein wenig auf die Jahreszeit achten: Sowohl im Herbst (Ende September bis November) sowie im Frühling (Ende März bis Mai) haben viele Geschäfte im Grödner Tal bzw. im Hauptort St. Ulrich nur sporadisch, reduziert – oder gar nicht geöffnet. Das gilt auch für Restaurants wie Cafés.

Holzschnitzereien bei ERSE in Wolkenstein

Ein lebendiges Erbe

Die Holzschnitzerei im Grödner Tal ist weit mehr als ein bloßes Handwerk – sie verkörpert ein lebendiges Kulturerbe, das tief mit der Identität der Region verwurzelt ist. Ihre fortwährende Verbindung von überlieferten Techniken mit modernen Einflüssen macht sie zeitgemäß und verleiht ihr eine anhaltende Faszination, die Besucher und Kunstliebhaber aus aller Welt begeistert.

Für weitere Informationen und Einblicke in die Grödner Holzschnitzerei können Sie die folgenden Websites besuchen:​

© Text Hans-Martin Goede 16.04.2025, Fotos © 2025 – gerne erfragen Sie weiteres hochauflösendes Bildmaterial aus unserer umfangreichen Datenbank, wir lizenzieren Ihnen gerne gewünschte Motive.