SERTA/ MIRANDA, Portugal (10.05.2023) – Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Ein Unfall mit dem eigenen Auto im Ausland – kein schönes Unterfangen. Aber wenn es passiert (und das bei uns zum ersten Mal), dann gibt es so manche Überraschung. In unserem Falle in Portugal erlebt.
Nach dem erfolgreichen Besuch eines Geschäftes ab ins Auto – anschallen, los gehts, dem Café entgegen für den entspannten Nachgang des Shoppings! Rückwärtsgang ein, links wie rechts schauen, Straße leer – ausparken bis in die Straßenmitte. Die Rückfahrkamera ist beim Umschalten in den ersten Gang noch an – Blick nach vorne. Man ist noch auf der Gegenfahrbahn. So hat man vor, schnell Gas zu geben um nach rechts vorne auf die eigene Spur zu kommen. Ja wenn in diesem Moment nicht im letzten Aufblitzen im Bildschirm der Rückfahrkamera ein weisses Auto (auch im Rückwärtsgang befindlich) rasant schnell näher kommt. Und so ist man mit Gangwechsel, Hupen und Losfahren (wollen) beschäftigt, als es schon den befürchteten “Rums” gibt. Gefühlt eine Minute im Zeitlupentempo, in der Realität bestenfalls ein oder zwei Sekunden Dauer: Da ist er – der erste Unfall mit dem eigenen Auto im (europäischen) Ausland!
Da der Aufprall recht glimpflich war, setzen Unfallverursacher und wir (als Unfallgeschädigter) auf die Parklücken zurück – man trifft sich auf der Straße. Und hat man erst einmal (da der Gegenüber betagt ist und nur portugiesisch kann) die Sprachbarriere mit Händen, Füßen und Smartphone-Übersetzungs-App überwunden, ja dann kommt die erste Erfahrung: In Portugal wird bei “einfachen Blechschäden” nicht die Polizei zu einem Unfall gerufen. Das klärt man auf dem “kurzen Dienstweg” – oder wie in unserem Falle – mit dem Versicherungsvertreter des Unfallverursachers, der nach einem kurzen Telefonat mit einem Stapel (portugiesischen) Papieren und ein paar Brocken mehr englischen Wortschatzes die Unfallaufnahme durchführt! Nicht lustig ist allerdings, dass die Papiere für die Versicherung ausschließlich auf portugiesisch sind – nicht einmal im Kleingedruckten in Englisch. Wobei man sich in diesem Moment selber die Frage stellt, ob es in Deutschland anders ist (also alles ausschließlich auf deutsch). Daher mal die berechtigte Frage an die “EU-Oberen”, warum es immer noch keine einheitlichen (mehrsprachigen) Unfallaufnahme-Papiere in den Mitgliedsländern gibt, sondern jeder sein eigenes “Süppchen” hier weiter kocht?!
Ist alles mit Skizzen, Fotos von Ausweisen und Führerscheinen machen dokumentiert, gibt es den Handschlag und man verabschiedet sich. Im Ferienhaus angekommen beginnt nun die (moderne) Recherche: Teile der ausgefüllten Formulare mit Übersetzungs-App in die eigene Muttersprache bringen und im Internet anfangen zu recherchieren, wie ein Auslandsunfall “abgewickelt” wird. Gut dass man (beruflich bedingt) einen Laptop dabei hat, am Smartphone wäre die Recherche wesentlich schwieriger wie zeitlich umfangreicher! Fotos und Berichte für die Versicherung auf ein Dropbox-Verzeichnis laden gehen da recht einfach.
Last but not least: die Versicherung antwortet auf die an sie gesendete Mail (in Deutsch, Englisch und Google-Translate-Portugiesisch) erstmal nur auf portugiesisch… ah ja. Also wieder zurückschreiben, dass man wenigstens eine englische Antwort hätte, da die Übersetzung des Portugiesisch keinen richtigen Sinn ergibt (wo ist die “KI” wenn man sie mal braucht….). Wieder einen Tag später mit einem neuen Sachbearbeiter am anderen Ende der Mail-Leitung, der englisch schreiben/verstehen kann, wird einem klar, dass man sich selber um eine Werkstatt und Gutachten zu kümmern hat – und dies der Versicherung mitzuteilen hat, ob diese “genehm” sind. Ist man im Bergland von Portugal “im Nirgendwo”, ist da die nächste Werkstatt, die diesen Service anbietet, mal so eben mehr als 60 Kilometer entfernt.
Womit man in Portugal umgehen lernen muss ist, dass man dort meint, die Sache können man irgendwann die nächsten Wochen mal erledigen – und eben nicht im “Schnelldurchlauf” eines normalen Urlaub-Zeitraumes! Erst diverse Mails (und Telefonate mit der Werkstatt) später wird der Versicherung klar, dass man kein Dauerurlauber in Portugal ist, sondern die verfügbaren Tage, die die Reparatur zu portugiesischen Stundenlöhnen ermöglichen, durch das behäbige Bearbeiten des Vorgangs mittlerweile von 12 auf nur noch 8 Tage zusammengeschmolzen sind.
Letztlich wurde die vorgeschlagene Werkstatt in 60 Kilometer Entfernung durch die Versicherung genehmigt. Immerhin hat die Versicherung sich auch um den Gutachter-Termin gekümmert, der erste Lichtblick nach den ersten verlorenen Tagen und der “Drohung”, dass man das Verfahren nun “vor Ort” bald abbricht und die Reparatur in Deutschland vornehmen wird (was für die Versicherung deutlich teurer werden dürfte).
Ist das Gutachten (an einem Freitag) durchgeführt (und dieser Urlaubstag durch die viele Fahrerei wie Warten auf die Fertigstellung des Gutachtens komplett “verloren”), geht wieder die Diskussion los, wann die Reparatur durchgeführt werden kann (“so in 2 bis 4 Wochen…”, das Gutachten muss ja erstmal in Lissabon in der Versicherungszentrale “begutachtet” werden). Gut wenn man nun in einer Werkstatt ist, in der sich der Werkstattmeister um die schnellstmöglichste Reparatur persönlich kümmert, denn der verfügbare Zeitraum ist inzwischen auf 5 Werktage zusammengeschmolzen. Schon am Montagabend kommt der Anruf, dass man am Dienstagmorgen vorstellig werden kann – und das reparierte Auto am Mittwochmittag wieder zurück bekommt.
Nun klang alles einfach und leicht. Aber die nächste Überraschung steht schon in den Startlöchern: In Portugal muss man sich nicht nur um Werkstatt und Reparatur selber kümmern – sondern auch auf ein Ersatzfahrzeug verzichten. Nun denn, wenn die Werkstatt neben einem Ferienhaus liegen würde, kein Problem – aber nicht wenn man mehr als 60 Kilometer Anfahrt hat! Und so zückt man die Kreditkarte für einen (kleinen) Leihwagen, den das Autohaus freundlicherweise zur Hand hat, um für die kommenden 30 Stunden “mobil” sein zu können. Ach ja: die Spritkosten für Gutachten- wie Reparaturfahrten-Termine werden in Portugal von der gegnerischen Versicherung übrigens auch nicht erstattet.
Am nächsten Tag steht man zum vereinbarten Zeitpunkt wieder in der Werkstatt – das Auto glänzt “wie neu”. Immerhin ein netter Abschluss: Man unterschreibt nur noch, dass man sein Fahrzeug repariert zurück erhalten hat und muss nicht auch noch die Kosten erst bezahlen und sich dann von der Versicherung erstatten lassen.
Und die Moral von der Geschicht`: In der Summe 3 Urlaubstage “verloren”, mehrere Stunden mit Recherchen, Mails schreiben und Telefonaten verbracht – und auf etwas mehr als 100 Euro Kosten (für Ersatzwagen, Autobahnmaut und Sprit) als Unfallgeschädigter “sitzengeblieben”.
Schön, dass ein dicker fetter Nagel im Reifen, der sich parallel noch als Problem in den ganzen Unfall-Ablauf in den Reifen-Gummi des eigenen Autos “eingeschlichen” hat, nach Aufsuchen von Tankstellen für das permanente Luft nachfüllen bis zum Finden einer Werkstatt, die den Reifen galvanisiert bzw. notfalls passende Ersatzreifen lagernd hat, die ganze Sache nervlich abgerundet hat. Und gut dass es 2023 ein sonniger und warmer April in Portugal war – und der Wein des Landes hervorragend schmeckt!
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© Text Hans-Martin Goede 21.05.2023, Fotos © 2023 – gerne erfragen Sie weiteres hochauflösendes Bildmaterial aus unserer umfangreichen Datenbank, wir lizensieren Ihnen gerne gewünschte Motive.