Fougerolles (©hmg) Kirschen – dieses unwiderstehliche Steinobst. Es verzaubert uns jedes Jahr im Frühling mit der Kirschblüte, versteckt seine grünen Perlen bis Anfang Juni hinter frischem Blattgrün – und in den Folgewochen erfreuen die Früchte landauf landab mit ihren verschiedenen Rottönen. Hellrot die Sauerkirschen, rot bis dunkelrot die Süßkirschen, nahezu schwarz und kleiner die „Schnapskirschen“. Und Jahr für Jahr sieht man in Deutschland diese Früchte im überwiegenden Maße – in Gärten wie auf Streuobstwiesen – ab spätestens Ende Juni vor sich hinfaulen. Die wenigsten Früchte werden geerntet, in den Supermärkten hingegen gibt es die beliebte Frucht zeitgleich zu unvorstellbar hohen Preisen – oder gar aus dem Ausland (hallo liebe „Lebensmittelindustrie“: schon mal was von CO2-Bilanz gehört?!). Geht man als Privatmensch dann auf die prall gefüllten Bäume auf den Streuobstwiesen los um zu retten was zu retten ist, gilt dies als Mundraub. Und in den Privatgärten werden die auf Gehwege und Straßen überhängenden Äste mit ihren Früchten so zurückgeschnitten, dass man nicht mehr heran kommt – und das Obst verfault dennoch. Das Herz tut dem Kirschliebhaber weh.
Dies ist in einem Landstrich westlich der Vogesen unvorstellbar. Dort gelten die Obstbäume als „heilig“ – ja die Erträge reichen Jahr für Jahr kaum aus, den Bedarf zu decken. Und sie werden geerntet bis zur letzten verfügbaren Frucht. Bereits 2017 entdeckten wir mehr oder weniger zufällig bei unseren Recherchen zur Region „Les 1000 etangs“ im Haute Saone den Ort Fougerolles – die Heimat des „Kirsch“, ein hochprozentiges Destillat mit 50 % Volumen Alkohol, geschmacklich kaum von anderen „Geistern“ einzuholen (ok, mal ausgenommen unsere feine Nase und Gaumen für diverse schottische Whisky-Sorten, hüstel).
Und das Brennen ist nicht erst von heute: Die seit Ende des 17. Jahrhunderts in und um Fougerolles bestehende Destillierung von Obst erlebte ihr größte Blüte zwischen 1881 mit dem Bau der Bahn – und 1915, im Kriegsjahr wurde der dort hergestellte Absinth verboten. Dies führte zu einer Wirtschaftskrise im Ort, von dem man sich bis heute kaum mehr richtig erholt hat. Dennoch gibt es weiterhin die edlen Tropfen der Region – seit 2010 auch mit dem schützenden Siegel “AOC”. Mit dem “Ecomusée Fougerolles” wurde vor Ort ein sehr gutes Museum zur Geschichte des Ortes und der Herstellung der Fruchtveredelungen aufgebaut, dort erfährt man vieles über die alte Tradition des Brennen von Kirschschnaps in der Region, wie sie vom 17. bis 18. Jahrhundert durchgeführt wurde.
Im 19. Jahrhundert wurde die Destillierung mehr und mehr industrialisiert, im 20. Jahrhundert hielt immer mehr Technik bei den wenigen verbliebenen Brennereien Einzug – dazu gehört u.a. die seit 1860 bestehende und weiterhin im Familienbesitz befindliche Destillerie Paul Devoille mit hervorragenden Produkten wie eingelegten Kirschen, Mirabellen und Pflaumen, aber auch Likören und Bränden wie dem „Kirsch“. Auch Absinth ist (wieder) zu bekommen – preisgekrönt mit einer Goldmedaille in 2019. Gerne wird hier im Werksverkauf eine klassische Absinth Verköstigung zelebriert – einfach mal überraschen lassen!
International bekannte Spitzenprodukte kommen von den Grandes Distilleries Peureux, der die Distillerie Lemercier Frères in der rue de la gare 32 und die Distillerie Emile Coulin in der rue de la gare 12 in Fougerolles angehören. Distilleries Peureux war seit 1864 im Familienbesitz, 1991 regelte der letzte Familienpatriarch die Nachfolge, kurz bevor er 1992 starb. Mit neuen Inhabern und Fusionierung mit der Distillerie Emile Coulin und Distillerie Lemercier wandelten sich diese örtlichen Brennereien zu einer der größten Destillerien in Europa, heute ist Bernard Baud Präsident des Unternehmens. Die Qualität hat deswegen nicht gelitten – im Gegenteil. Die Spitzenprodukte wie der „Kirsch“ erhalten nahezu Jahr für Jahr in Paris Medaillen von Bronze bis Gold. Die im heimischen Likör eingelegten Früchte wie Kirschen, Himbeeren und Cassis sind nicht nur in Frankreich, sondern auch in Deutschland mittlerweile gefragt und „heiß begehrt“, in Zeiten des Klimawandel gar gerne auch mit Vanilleeis serviert!
Während die Kirschen aus Fougerolles ausschließlich für den „Kirsch“ in den Brennblasen der Destillerien Verwendung finden, muss man bei den „Griottines“ internationale Wege gehen: Für diese außergewöhnlich leckere Variante können nur Kirschen der Sorte „Oblacinska“ verwendet werden – und die gibt es in der Region nicht, weshalb man auf eigene Plantagen in Serbien setzt. Nach der Ernte und ersten manuellen Kontrollen werden die Kirschen für die „Griottines“ nach Fougerolles zur weiteren Verarbeitung transportiert. Hier erfolgen mehrere weitere manuelle und mechanische Kontrollen sowie die Entsteinung und werden anschließend in eine hauseigene, geheime Alkoholrezeptur eingelegt. Anschließend werden die Kirschen in die bekannten Gläser gefüllt: fertig ist das Spitzenprodukt, welches nach dem Öffnen des Glases selten einen zweiten Abend überlebt, egal welche Glasgröße man auch öffnet. Schon den Begriff „Genuss pur“ erwähnt? Wenn ja: egal, man kann es nicht oft genug sagen!
Neben dem „Kirsch“ und den „Griottines“ hat man im Werksverkauf des “L’Institut Griottines” zudem noch die Qual der Wahl der hauseigenen Marmeladen wie Pasteten (mit eigenen Früchten verfeinert), Liköre wie Brände aller lokalen Fruchtsorten stehen zum Verkauf, nicht zu vergessen fruchtige Zutaten für Cocktails & Sirups. Neu ist „Golden Eight“, ein Birnenlikör der edelsten Qualität, der einem auf der Zunge zergeht – ebenso auch der 2019 neu kreierte „Baie Bleue“ (ein Likör aus Blaubeeren) der Distillerie Emile Coulin.
Als offizieller Partner des „Coupe du Monde de la Pâtisserie“ 2019 mit Griottines ist Peureux der Platz in der Welt der Gastronomie nicht mehr neu zu beweisen. So haben Sie im Griottines Institute in Fougerolles das Vergnügen, alle Spezialitäten zu entdecken, die vom Küchenchef François Lachaux, Meilleur Ouvrier de France Cuisine 1993, kreiert wurden! Denn in der werkseigenen ‘Premium Gastronomie’ Küche tüffelt ein Team rund um François Lachaux neue Rezepte mit den Hausprodukten aus – und verfeinern permanent die Palette an edelsten Pralinen – geschmackliches Spitzenprodukt ist eine in Kirsch eingelegte „Griotte“ mit zarter dunkler Schokolade ummantelt. Diese edlen Pralinen gibt es fast ausschließlich nur vor Ort zu kaufen bzw. zu verköstigen – Feinkosthändler holen diese sogar selber in Fougerolles ab: der Transport dieser Köstlichkeiten hat höchste Anforderungen.
Eine handverlesene Auswahl der Feinkost-Produkte aus Fougerolles gibt es ab November 2019 auch in Stuttgart bei Mannsdörfer, bereits jetzt kann man dort die “Griottines” erwerben.
Und nein, dies ist keine Werbung für Peureux, sondern ein persönlicher „Geschmacksbericht“ über französische Feinkost aus einem kleinen Ort mitten im Haute Saone. Wer es nicht glauben will – einfach mal hinfahren! Nicht nur wegen der Produkte, sondern weil die Gegend einfach ein Wanderparadies ist… bon appétit – et a votre santé!
© Text (Sept. 2019) und Fotos (2017 und 2019) Hans-Martin Goede – gerne erfragen Sie weiteres hochauflösendes Bildmaterial aus unserer umfangreichen Datenbank, wir lizensieren Ihnen gerne gewünschte Motive.
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