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Passstraßen der Dolomiten

Direkt über den Berg? Zu Fuß und im Sommer machbar. Pässe sind aber die bessere Lösung...
Direkt über den Berg? Zu Fuß im Sommer machbar. Pässe sind aber die bessere Lösung…

Sankt Ulrich (©Hans-Martin Goede) – Wer nach Bergwanderungen oder Gipfelstürmen die Bergwelt des östlichen Südtirols (siehe unser Reisebericht über die Sextner Dolomiten) auch mal mobil erleben will, kann (mit dem Auto, Busverbindung oder E-Bike) durchaus sehr interessante Abstecher auf & über diverse Bergrücken unternehmen. Als landschaftlich besonders reizvoll kann man die Passstraßen der Dolomiten-Region zwischen Klausen und Hochpustertal sehen.

am Passo Cimabance: Blick auf die "Hohe Gaisl"
am Passo Cimabance: Blick auf die „Hohe Gaisl“

Starten kann man z.B. in Toblach (am Toblacher See und Dürrensee vorbei) über den 1530 Meter hohen „Passo Cimabance“ in das bekannte italienische Wintersportzentrum Cortina d’Ampezzo. Die Straße führt unterhalb der 3146 Meter hohen „Hohen Gaisl“ (Coda Rossa) vorbei, dessen rote Granitwand bei Schluderbach am eindrucksvollsten zu sehen ist. Da dieser Pass nicht besonders hoch ist und sich vielfach durch Lärchenwälder im Talboden an den Hängen entlang windet, sind die am Ende mehr als doppelt so hohen Berge nördlich (Hohe Gaisl) und südlich der Straße (Gruppo del Christallo) um so eindrucksvoller mit ihren „dolomitisch“ steil in den Himmel ragenden Felswänden. Auf der Passhochebene sehenswert ist übrigens der Haltepunkt des „Ospitale“ mit der kleinen Kirche Sankt Nicolo aus dem 13. Jahrhundert. Dank Parkplatz ein sicherer Halt!

Eindrücke der Passtraße Cimabance:

zwischen Schluderbach und Misurina
zwischen Schluderbach und Misurina

Ebenso landschaftlich reizvoll ist die alternative Strecke von Schluderbach über Misurina (1751 Meter) und den „Passo Tre Croci“ (1805 Meter).

Mit dieser Strecke umfährt man das eindrucksvolle Bergmassiv der „Gruppo del Christallo“ auf seiner südöstlichen Seite, zugleich genießt man die Aussicht auf südlich gelegene „Gruppo del Sorapis“.

Mit beiden Pässen überwindet man übrigens auch die Sprachgrenze zwischen Deutsch und Italienisch, von 1915 bis 1918 war diese Region Schauplatz des Gebirgskrieg „Dolomitenkrieg“ zwischen der Monarchie Österreich-Ungarn und Italien. Zahlreiche Festungsanlagen aus dieser Zeit finden sich in allen Bergmassiven zwischen Toblach und Cortina.

zwischen Misurina und Cortina d’Ampezzo:

Venezianischer Einfluss unverkennbar im Herzen von Cortina: der Kirchtum der Kirche des "Philippus und Jakobus"
Venezianischer Einfluss unverkennbar im Herzen von Cortina: der Kirchtum der Basilica des „Philippus und Jakobus“

Ist man in Cortina d’Ampezzo angekommen, gilt es sich in den engen Gassen (meist Einbahnstraßen) erst einmal zurecht und einen Parkplatz zu finden. In der Nebensaison abseits des „Skizirkus“ bietet sich hier das ehemaligen Bahnhofsgelände an – die Parkplätze sind zu dieser Zeit kostenfrei nutzbar (und liegen direkt neben dem heutigen Busbahnhof).

Seit in Cortina 1932 wie 1941 die Ski-Weltmeisterschaften, sowie 1956 die Olympischen Winterspiele abgehalten wurden, ist die Region dem Skizirkus anheim gefallen. Im Winter 2021 soll der Ort die Ski-Weltmeisterschaften austragen, so Covid-19 dem keinen Strich durch die Rechnung macht. Kulturell sehenswert ist rund 70 Meter hohe Turm der Basilica aus reinem Dolomitengestein. Die Häuser der Altstadt sind heute überwiegend modern und beherbergen meist nur noch touristischen Nepp und auf den Skizirkus abgestimmte Angebote. Und auch wenn die Region bis 1918 zu Tirol (Österreich) gehörte – der italienische Einschlag lässt sich nicht wegdiskutieren. Und seinen Cappucino am Cafe Royal bestellt man selbstverständlich auf italienisch, per favore!

Eindrück aus Cortina:

Blick auf Cortina und die Felswand "Pomagagnon"
Blick auf Cortina und die Felswand „Pomagagnon“

Hat man sich durch Cortina´s engen Straßen durchgefunden, geht es auf der Westseite des Ortes in unzähligen Serpentinen wieder den Berghang nach oben, immer wieder ergeben sich faszinierende Ausblicke auf die Stadt und die Felswand „Pomagagnon“ im Rücken des weltbekannten Skiortes. Es gibt allerdings nur einen richtigen Haltepunkt auf halber Höhe, von dem man das Panorama genießen kann. Um die Stadt in ihrer vollen Größe sehen zu können, muss man der Straße bergaufwärts ca. 100 Meter auf einem Trampelpfad folgen, damit man an einem gemauerten Vorsprung die Aussicht auf sich wirken lassen kann. Aufpassen: diese Straße (SR48) zwischen Cortina und Falzarego scheint gerne zu illegalen Autorennen genutzt zu werden.

An der SR48 zum „Passo Falzarego“
An der SR48 zum „Passo Falzarego“

Langsam geht es auf der SR48 stetig bergauf dem „Passo Falzarego“ (2105 Meter) entgegen. Die Baumgrenze mit ihren im Herbst farbenprächtigen Lärchen wandelt sich in eine Landschaft aus Latschen und Fels, das Skigebiet empfängt den Reisenden mit riesigen Parkplätzen, Liften und leeren Hängen. Nach Passquerung windet sich die Straße nach kurzen Gefälle zum „Passo die Valparola“ (2192 Meter) erneut den Hang nach oben.

Talpanorama des Kassianer Tal
Talpanorama des Kassianer Tal

Wer hier oben den Haltepunkt für das Talpanorama des Kassianer Tal verpasst, wird diese Chance auf den folgenden Serpentinen nach San Ciascian (Sankt Kassian) und Stern nicht mehr haben. Zudem ist man wieder „zurück“ in der deutschsprachigen Region. Ist man rund 800 Meter tiefer in Stern angekommen, gilt es erneut den nächsten Pass zu erklimmen: das berühmte „Grödner Joch“ (2121 Meter) unterhalb der bis zu 3152 Meter hohen „Sellagruppe“.

die Westseite des Grödner Joch
die Westseite des Grödner Joch

Auf der Westseite geht es abwärts in das „Grödner Tal“ mit seinen Ortschaften Wolkenstein, St. Christina und St. Ulrich. Auch hier sind die Berghänge durchzogen von Skipisten und Liftanlagen, die Orte wirken in der Nebensaison des Herbstes mehr als ausgestorben – reine Winterschlafstädte die erst Ende November wieder zum Leben erweckt werden. Am Ende des Grödner Tal stößt man auf das Eisack-Tal, nach Südwesten geht es nach Bozen, im Norden liegen Klausen und Brixen.

Das Grödner Tal

weltbekannt: die die „Grödner Holzschnitzereien“
weltbekannt: die die „Grödner Holzschnitzereien“

Ganzjährig geöffnet und Beachtung erzielen hier wenigstens die „Grödner Holzschnitzereien“. Dieses Kunsthandwerk zeichnet sich durch handgeschnitzte Holzschnitzereien mit Holzfiguren, Holzstatuen, Holzskulpturen, Krippen, Krippenfiguren und geschnitzen Sakralen aus. Seit dem 17. Jahrhundert hat sich dieses Kunsthandwerk entwickelt. Anfangs schnitzten die Bauern des abgelegenen Tales in den eisigen Wintermonaten, um diese zu überbrücken. Zunächst waren es nur die Kirchen, die ihnen ihre Figuren abkauften, später statteten sie ganze Altäre aus. Daraus entwickelte sich über die Jahrhunderte hinweg ein eigener Industriezweig, bis nach Amerika wurden etwa die berühmten „Grödner Gliederpuppen“ exportiert.

Innenstadt von St. Ulrich
Innenstadt von St. Ulrich

Wer sich die Grödner Kunstwerke aus vorigen Jahrhunderten einmal aus der Nähe ansehen möchte, kann dies im Ladinischen Museum in St. Martin in Thurn tun oder aber im „Museum Gröden“ in St. Ulrich. Alternativ kann man in den meisten Orten mindestens ein Geschäft finden, das rund ums Jahr die Produkte anbietet.

Ob von St. Ulrich oder vom Eisack-Tal aus: Ab hier bleibt es jedem selber überlassen, in welche Richtung man nun weitertourt, man braucht ja noch Ziele im Leben!

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© Text Hans-Martin Goede 27.10.2020, Fotos © 2020 – gerne erfragen Sie weiteres hochauflösendes Bildmaterial aus unserer umfangreichen Datenbank, wir lizensieren Ihnen gerne gewünschte Motive. Eine Auswahl der Motive zu diesem Reisebericht finden sich auch auf ADOBE STOCK HIER!